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Beatrice Achterberg, Berlin 15.07.2022, 00.02 Uhr
Ferdinand Knapp
Der abgesagte Vortrag der Biologin Marie-Luise Vollbrecht mit dem Titel "Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht: Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt" hat nicht nur an der Berliner Humboldt-Universität eine Debatte über die Freiheit der Wissenschaft ausgelöst. Zwölf Tage später hat Vollbrecht ihren Vortrag nun nachgeholt, während vor dem Gebäude Aktivisten protestieren. "Kein Platz für Transphobie", steht auf ihren Plakaten.
Im Hörsaal, in dem Vollbrecht am Donnerstagabend referiert, bleibt es ruhig. Eine Podiumsdiskussion in einem anderen Hörsaal findet später ohne die Biologin statt; die Einladung hatte sie abgelehnt, weil sie die Zusammensetzung des Podiums unausgewogen fand und befürchtete, dass es dort gar nicht um ihr Fachgebiet gehen würde.
1.Mir ging es in meinem Vortrag um die Vermittlung von biologischem Grundlagenwissen. Mein Vortrag war korrekt und muss nicht "kontextualisiert" werden.
- Frau Summer (@Frollein_VogelV) July 14, 2022
Auf der Bühne zu Gast sind unter anderem: Peter Frensch, Präsident der Universität, Rüdiger Krahe, Professor der Biologie und Doktorvater von Vollbrecht, und Kerstin Palm, promovierte Biologin und Geisteswissenschafterin. Wann immer die Aussage fällt, dass die Zweigeschlechtlichkeit Konsens in der Biologie sei, folgen sowohl Applaus als auch Buhrufe. Wie das Panel auf der Bühne ist sich auch das Publikum uneins.
Die Diskussion findet im grossen Audimax der Universität statt. Aus dem Urlaub zugeschaltet ist die deutsche Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Auf die Frage, ob die ursprüngliche Absage des Vortrags durch die Hochschule richtig gewesen sei, antwortet die FDP-Politikerin: "Eine Veranstaltung, die auf dem Programm steht, nicht stattfinden zu lassen, bedarf natürlich der Erklärung." Die Wissenschaftsfreiheit gelte es zu schützen.
In der Diskussion verweist Stark-Watzinger dann auf das zur Auseinandersetzung passende geplante Gesetz der Regierungsfraktionen: "Ich bin freudiger Teil einer Regierungskoalition, die das Selbstbestimmungsrecht vorantreibt." FDP, Grüne und SPD wollen das bestehende Transsexuellengesetz abschaffen und ersetzen. Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand sollen unter anderem per Selbstauskunft möglich sein.
- Ferdinand Knapp (@ferdinandknapp) July 14, 2022
Der Inhalt ihres Vortrags hat die Doktorandin Vollbrecht in die Mitte einer hitzigen Debatte gerückt. Sie selbst sieht sich einer Rufmord-Kampagne ausgesetzt und hat einen Spendenaufruf gestartet, "um rechtliche Schritte gegen Verleumdungen im Zusammenhang mit meinem abgesagten Vortrag über Biologie und die Evolution der zwei Geschlechter zu unternehmen". Von den 15 000 Euro, die sie als Kampagnenziel gesetzt hat, ist bereits ein Drittel zusammengekommen.
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